Amber Age (e)k Felicia Ewert(r)en Trans. Frau. Sein. liburuaren kritika egin du
Review of 'Trans. Frau. Sein.' on 'Goodreads'
2 izar
Um es kurz zu machen: inhaltlich gut, grauenhaft gemacht.
Am Anfang des Buches wird der Name der lektorierenden Person genannt. Was genau diese Person beruflich macht, ich weiß es nicht, aber Lektorat ist es jedenfalls nicht.
Um mit Lob anzufangen: das Buch ist inhaltlich korrekt und sagt viel wichtiges. Frau Ewert weiß wovon sie spricht und es gibt viele Sätze hierin, die ich gerne doppelt unterstreichen oder auf irgendwelche Hauswände plakatieren möchte. Es wird umfassend auf viele Themen eingegangen, von der Frage "was ist Geschlecht eigentlich", über zahlreiche Facetten des Lebens als trans Person, zu detaillierten Dekonstruktionen verschiedener Ausdrucksformen von Transfeindlichkeit. So weit, so gut.
Leider ist das Buch ansonsten extrem schlecht gemacht. Bekäme ich einen Euro für jeden Rechtschreib- und Grammatikfehler, ich könnte den Verlag aufkaufen. Kein Kapitel kommt aus ohne komplett vermeidbare Falschschreibungen ("Verglecihe", "Feministiinnen", "todgeschwiegen") und dergleichen. Die Kommasetzung ist chaotisch und lässt keinerlei Konsistenz erkennen, …
Um es kurz zu machen: inhaltlich gut, grauenhaft gemacht.
Am Anfang des Buches wird der Name der lektorierenden Person genannt. Was genau diese Person beruflich macht, ich weiß es nicht, aber Lektorat ist es jedenfalls nicht.
Um mit Lob anzufangen: das Buch ist inhaltlich korrekt und sagt viel wichtiges. Frau Ewert weiß wovon sie spricht und es gibt viele Sätze hierin, die ich gerne doppelt unterstreichen oder auf irgendwelche Hauswände plakatieren möchte. Es wird umfassend auf viele Themen eingegangen, von der Frage "was ist Geschlecht eigentlich", über zahlreiche Facetten des Lebens als trans Person, zu detaillierten Dekonstruktionen verschiedener Ausdrucksformen von Transfeindlichkeit. So weit, so gut.
Leider ist das Buch ansonsten extrem schlecht gemacht. Bekäme ich einen Euro für jeden Rechtschreib- und Grammatikfehler, ich könnte den Verlag aufkaufen. Kein Kapitel kommt aus ohne komplett vermeidbare Falschschreibungen ("Verglecihe", "Feministiinnen", "todgeschwiegen") und dergleichen. Die Kommasetzung ist chaotisch und lässt keinerlei Konsistenz erkennen, regelmäßig scheint die Autorin den Unterschied zwischen Haupt- und Nebensätzen zu vergessen, wo frau hinschaut, überall hat es Fehler. Hier wurde scheinbar nicht einmal der Aufwand betrieben, das fertige Buch einmal durch die Rechtschreibprüfung von LibreOffice zu schicken. Probleme wie fehlende Leerzeichen nach Punkten, doppelte Leerzeichen vor und nach Kommata, oder Verwechslung von "das" und "dass" sind da nur die Streusel auf dem Rechtschreib-McSundae.
Aber es wird noch schöner. Formatierung und inhaltliche Konsistenz sind genau so katastrophal. Mal wird auf vorherige Kapitel Bezug genommen, die es so im Buch nicht gibt, ein anderes Mal zieht sich ein Absatz über drei Seiten. Mehrmals wird im Buch abrupt Schriftart und -größe ohne jeden erkennbaren Grund geändert, und wie gut der Blocksatz funktioniert variiert stark, mitunter fallen Zeilen auf in denen wahlweise sämtliche Leerzeichen verschwunden sind, oder absurd große Lücken klaffen. Der Stil fügt sich harmonisch ein ins chaotische Gesamtbild, Hervorhebungen werden an geradzahligen Tagen mit * gekennzeichnet, an ungeradzahligen Tagen mit - oder _, und in Schaltjahren wird mit CAPSLOCK hervorgehoben. Quellen werden in der Regel nach wissenschaftlicher Manier angegeben (vergl. Autoren Jahr Seite), außer wenn sie es nicht werden, und plötzlich komplette URLs im Fließtext stehen - mal unterstrichen, mal nicht.
Apropros Quellen: diese werden sehr unregelmäßig verwendet. Während manche Kapitel mehr Quellen(1) enthalten(2) als das Werk(3, 4) eines übereifrigen Wikipedia-Autors(5), vergehen an anderen Stellen vier oder fünf Kapitel ohne eine einzige Quelle. Im Vorwort nimmt Frau Ewert für sich in Anspruch, eine Mischung aus Sachbuch, Autobiografie, und Unterhaltung geschrieben zu haben; leider scheitert sie in allen drei Disziplinen. In der Mischung aus wissenschaftlich anmutender Betrachtung und persönlichen Anekdoten ist kein Sinn oder Muster erkennbar, die einzige Konstante ist die durchgehend unlustige Verwendung von Twittersprache, "zwinker*", und deplatzierter Ironie oder Sprüchen wie "FIGHT ME". Das, zusammen mit andauernder Wiederholung und erneuter Einführung bereits behandelter Themen, lassen das Buch weniger als zusammenhängendes Werk und mehr wie ein Stückwerk aus verschiedenen Texten wirken; beinahe, als habe Frau Ewert alle ihre Twitter-Threads in Microsoft Word kopiert und von dort ohne Lektorat oder Satz ausgedruckt.
Selbst das Inhaltsverzeichnis bleibt von diesem Chaos nicht verschont: während die meisten Kapitel nach dem Schema "10. Thema Soundso" betitelt sind, trägt allein Kapitel 21 den Namen "21. Kapitel Soundso". Zwischenüberschriften sind mal numeriert und mal nicht, und die Länge der Kapitel schwankt zwischen einer halben Seite und dem halben Buch. Den Namen des aktuellen Kapitels in die Kopfzeile zu setzen hätte der Übersicht gut getan, im jetzigen Zustand hatte ich nach zehn Seiten Schwadronieren ohne Zeilenumbruch oft vergessen in welchem Kapitel ich mich eigentlich befand, und mich erst erinnert wenn die Autorin nach einem dreiseitigen Exkurs unerwartet zu ihrem Thema zurückfand.
An welche Zielgruppe sich das Buch richten soll ist vollkommen unklar. Eingangs erklärt die Autorin, auch Fachfremde ansprechen zu wollen, und präsentiert zu diesem Zwecke ein kleines Glossar. Für Laien ist das Buch aber vollkommen nutzlos (und für mit dem Thema vertraute Menschen bietet es nichts neues), der Wechsel von gezwungen humorvoller Anekdote zu akademischem Duktus überfordert. Im Glossar nicht aufgeführte Begriffe werden nicht erklärt, Abkürzungen regelmäßig klein geschrieben, anfangs Begriffe definiert die im eigentlichen Buch nicht verwendet werden, und so weiter. Die übermäßige Fixierung auf Anekdoten von Twitter scheint geeignet, Laien zu dem Fehlschluss zu verleiten, es handle sich hier primär um ein Netzproblem, und die unregelmäßig auftauchenden wissenschaftlich aufgemachten Passagen sind ähnlich gut lesbar wie ein Mathebuch. Wer überlegt hatte, das Buch etwa unaufgeklärten Verwandten zu schenken, kann das getrost vergessen: die andauernde Verwendung von Anglizismen (selbst bei Wörtern, für die sich im Deutschen gemeinhin genutzte Alternativen etabliert haben, etwa "non-binary" für "nichtbinär") und Twittersprache macht das Buch für die Generation 40+ in etwa so unverständlich wie das Jugendwort des Jahres. Felicia Ewert beklagt im Vorwort zurecht, dass trans Personen regelmäßig abgesprochen werde, selbst Forschende statt Forschungsobjekt zu sein - und unterwandert ihren eigenen Anspruch auf Ernsthaftigkeit prompt mit ihrem chaotischen Machwerk.
Was bleibt als Fazit? Ich las das Buch um seine Tauglichkeit als Einführung ins Thema Transgeschlechtlichkeit zu überprüfen, mit dem Gedanken, das eine oder andere Coming-out vielleicht durch begleitende Literatur zu erleichtern. Den Gedanken habe ich nach zwei oder drei Kapiteln verworfen. Übrig bleibt mir nur zu sagen, dass eine an und für sich sinnvolle Message komplett ruiniert wurde durch miserables oder nicht stattgefundenes Lektorat, dilettantischen Satz, und den Verzicht auf jegliche sinnvolle Strukturierung oder Unterscheidung zwischen Erzählung und Analyse.
Obwohl ich Felicia Ewert sehr schätze und überzeugt bin, dass sie viel richtiges und wichtiges zu sagen hat, ist es ihr nicht gelungen, das in diesem Buch auszudrücken; ein Scheitern, das ich mindestens zur Hälfte dem Verlang anlasten muss. Mir ist durchaus klar, dass edition assemblage als kleiner Verlag begrenzte Ressourcen zur Verfügung hat, aber 90% der Fehler in diesem Buch hätten an zwei Arbeitstagen unter Zuhilfenahme einer Textverarbeitung a la Word oder LibreOffice behoben werden können. Sogar von der Autorin selbst, die, anders kann ich mir das nicht erklären, das Ergebnis vor der Drucklegung wohl nicht selbst gelesen haben muss. Ob der Verlag ein gutes Manuskript ruiniert hat oder versäumt hat, ein vielversprechendes Manuskript in gute Form zu bringen, das kann ich nur rätselraten.
Ein wichtiger Hinweis zuletzt: meine gesamte Rezension bezieht sich auf die Erstausgabe von 2018. Aktuell ist meines Wissens nach die, laut Umschlag "vollständig überarbeitete", zweite Auflage von 2020. Die liegt mir aber nicht vor.